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Pfalz-Magazin Sommer 2019

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die 50. Ausgabe und 10 Jahre... das "riecht" nach Jubiläum. Freuen Sie sich auf unsere neue Ausgabe für den Sommer!

ANOGAST Bericht Nr.44

ANOGAST Bericht Nr.44 „Zehntkeller“ Weinstraße 3a | 76829 Leinsweiler Telefon: 06345 - 40 77 22 besucht am Mi. 6. März 2019 Abendessen A uch für die anonymen Tester des Pfalz-Magazins zählt das direkt an der Weinstraße gelegene Örtchen Leinsweiler mit zu den schönsten Flecken der Region. Der von malerischen Winzerhöfen und urigen Fachwerkhäusern geprägte Ortskern ist geradezu ein Musterbeispiel für weinselige Pfalzromantik. Aber auch sonst liefert die pittoreske Gemeinde ihren Besuchern herrliche An- und Ausblicke. Letztere kann man im Rahmen eines Spaziergangs zum historischen Slevogthof oder zur noch etwas höher gelegenen Burg Neukastell genießen. Hungrige Besucher finden in Leinsweiler neben bewährter Hotelgastronomie eine Reihe rustikaler Einkehrmöglichkeiten vor, wo sich zu deftiger Pfalzkost der ein oder andere leckere Tropfen aus der Region genießen lässt. So auch in der altehrwürdigen Weinstube Zehntkeller, die seit Juni 2018 vom Gastronomenpaar Esther Jäger und Robert Seither betrieben wird. Die beiden sind im Ort keine Unbekannten, waren sie doch schon vorher ein paar Jahre im beliebten Café Maria tätig. Die urige Weinstube blickt auf eine ziemlich bewegte Geschichte zurück. Schon seit 1975 wird hier Gastronomie betrieben – wenn auch nicht durchweg. In den knapp 45 Jahren wechselten mehrfach die Pächter. Auch lag das schmucke, aus Fachwerkgebälk und Sandsteinwänden bestehende Anwesen eine Zeit lang brach. Umso schöner, dass sich das Traditionslokal nun wieder fest in Pfälzer Händen befindet. Nicht der einzige Umstand, der uns das Ankommen leicht machte. Verwinkelt, gemütlich und auch ein bisschen eng ging es hier zu. Das Innere des Zehntkellers kündete von grundsolider Gastlichkeit. Und das auf äußerst sympathische Art und Weise. Eine liebenswerte Mischung aus Heimat- und Lebensgefühl, die gänzlich ohne Effekthascherei und falsche Folklore auskam. Weißgetünchte Wände wechselten sich mit unverputztem Gemäuer ab. Dunkle Holzbalken und robuste Stützpfeiler aus Sandstein zeichneten sich für die Statik des Gastraumes verantwortlich (siehe Bilder unten). Die blanken Holztische waren lediglich mit ein paar Läufern, Teelichtern und dezenter Blumendeko ausgestattet. Unregelmäßig verteilte Hängelampen sorgten für behagliches Licht. Ein lauschiges Stück Vorgestern, das zeitlos auf seine traditionsverbundenen Gäste wartete. Hinter dem Tresen begrüßte uns ein Wirt alter Schule. Robert Seither, mit „Batschkapp“ und dialektgefärbtem Zungenschlag ausgestattet, bediente an jenem Abend zusammen mit einer jüngeren Servicekraft seine Gäste und ließ so ganz nebenbei auch noch die Luft aus den Schoppengläsern. Thekendienst schien im Zehntkeller Männersache zu sein. Seine Frau Esther Jäger kümmerte sich derweil um die Zubereitung der Speisen in der Küche. Fotos: Marco Rieder 62

Die Speisenkarte war auf ein Brett geklemmt und gab zunächst einen Überblick über das täglich wechselnde Wochenangebot. Klassische Hausmannskost, wie etwa Kalbsragout, Schweinelende im Backteig, Eier in Senfsauce oder Schweinebraten mit Karottenstampf, bestimmte das für eine Weinstube recht abwechslungsreiche Programm bei den Tagesgerichten. Ein Blatt weiter auf der Standardkarte waren die üblichen, regionalen Deftigkeiten in Form von Leberknödel, Bratwurst und Saumagen vertreten. Und das zu äußerst fairen Preisen. Neben den hinlänglich bekannten „Pfälzereien“ wurde auch dem panierten Schweineschnitzel sowie dem altbewährten, bei Fleischessern nach wie vor hoch im Kurs stehenden Rumpsteak gehuldigt. Letzteres übrigens ein echtes Prachtexemplar, wie mir der Blick zum Nachbartisch verriet. Für Vegetarier mit ausgeprägter Vorliebe für Käse standen gebackener Schafskäse, eingelegter Münsterkäse, Weißer Käse (=angemachter Quark) sowie ein eher musisch sozialisierter Handkäs auf dem Speisezettel. Zwei Suppen, ein paar Salatteller mit wechselndem Zubehör, eine Hausmacher Vesperplatte und ein Straßburger Wurstsalat rundeten den konventionellen Teil des Speisenangebots nicht minder gehaltreich ab. Eine Flasche Mineralwasser (3,50 Euro) stellte sich brav in den Dienst der Durstbekämpfung, während ein Viertel vom trocken ausgebauten Sauvignon Blanc des benachbarten VDP-Weinguts Siegrist (5,80 Euro) unseren Weinsinn schärfte. Die Auswahl fiel nicht gerade leicht, denn die Palette an offen ausgeschenkten Tropfen kann sich durchaus sehen lassen. Zumal mit Andreas Schäfer, Peter Stübinger und Rainer Schunck auch weniger bekannte Winzer aus dem Ort vertreten sind. Als Hauptgänge fungierten gebackener Schafskäse (7,80 Euro, siehe Bild oben mitte) und der nicht nur bei Pfälzer Wandervögel so beliebte „Schiefe Sack“ (8,40 Euro, siehe Bild oben rechts). Diese Liaison aus einem fluffigen Leberknödel und einer deftigen Bratwurst hat schon viele ausgehungerte Hüttengänger gestärkt auf die nächste Etappe geschickt. Der obligatorische Sauerkrauthügel und die dunkle Saucenpfütze durften da natürlich nicht fehlen. Schon der erste Biss in die kross angebratene Bratwurst ließ auf gute Metzger-Qualität schließen. Die Konsistenz der Leberknödel zeichnete sich durch eine lockere Beschaffenheit aus. Seine angenehm herbe Würze harmonierte gut mit der Säure des Krauts. In der Summe ergab das einen schmackhaften Pfalzteller ohne viel Schnickschnack. Ehrliche Hausmannskost, mit der sich der aufgestaute Hunger vom Tage offensiv bekämpfen ließ. Der mit Tomaten, Peperoni, Zwiebeln und Oliven verfeinerte Käsequader aus Schafsmilch kam in reichlich Öl schwimmend direkt aus dem Backofen. Da hätte es schon einer kompletten Stange Weißbrot bedurft, um den öligen Inhalt der Tonschüssel aufzusaugen. Geschmacklich war auch da nichts auszusetzen, nur den Fetteinsatz hätte man ein wenig reduzieren können. Fazit: Wer auf schnörkellos zubereitete Hausmannkost zu zivilen Preisen steht und einen guten Hunger mitbringt, ist im Zehntkeller gut aufgehoben. Das klingt nach „Back to the Roots“ und ist es auch. Die nostalgische Weinstube im Ortskern von Leinsweiler wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen, das aber auf sehr charmante Art und Weise. Denn das Klassische muss nicht „hip“ sein. Es hat ja Klasse. Skala 6 5 4 3 2 1 nicht zu empfehlen — empfehlenswert — sehr zu empfehlen online-tipps.info die ultimative Branchen-Info — exclusiv beim 63