Aufrufe
vor 5 Jahren

Frühling 2018 APR-MAI

  • Text
  • Dinkel
  • Menschen
  • April
  • Steinmetz
  • Spargel
  • Zeit
  • Wein
  • Veranstaltungen
  • Schnell
  • Deidesheim
Unsere Frühlingsausgabe April-Mai 2018. Das pfalz-magazin. Wein, Kultur, Genuss und Reisen.

Neuseeland-Impressionen

Neuseeland-Impressionen Ein halbes Jahr Auszeit Eine Reise um die halbe Welt Teil 4 von Hartmut Meuter Noch in Australien...: An einem schönen Morgen bestiegen wir den legendären Ghan, ein Zug, der den australischen Kontinent vom Norden in Darwin bis zum Süden in Adelaide durchquert. Dafür benötigt er zweieinhalb Tage. Der Zug dient ausschließlich dem Tourismus, denn normalerweise würde man solche Strecken mit dem Flugzeug zurücklegen. Unser Waggon hatte nur 7 einzelne Abteile, die wie in der guten, alten Zeit mit einem King-Size Klappbett, Bad, WC und Minibar ausgestattet waren. Wir waren zusammen nur 13 Passagiere, die mit besten Speisen und exquisiten Weinen die ganze Fahrt über verwöhnt wurden. Es hatte viel geregnet in den letzten Tagen. So dominierten in der Landschaft, die vor dem Zugfenster vorbei zog, vor allem die Grüntöne und nicht, wie wir erwartet hatten, rote Erde. Von Zeit zu Zeit hielt unser Zug. Die Ghan-Gesellschaft hatte Ausflüge in die Naturparks, aber auch in einsame Ortschaften mitten in Australien organisiert. Wir bekamen eindrückliche Vorstellungen, wie sich das Leben in den Outbacks gestaltet, fern der großen Städte. Aber gerne sind wir jeweils in den Luxus unseres Zuges zurück gekehrt, denn niemand von uns war für ein Leben in dieser Einsamkeit geschaffen. Der Zug führte erhebliche Weinvorräte mit sich. So schlugen wir Passagiere unseren Betreuern ein Weinprobe vor. Kein Problem und so standen am zweiten Tag nachmittags etwa 15 Weine zur Probe bereit. Weinprobe in Australien heißt, im Glas ist absolut nur ein Schluck Wein im Glas, und zwar ein winziger. Da wir uns schon hinsichtlich unserer Herkunft aus einer Weingegend geoutet hatten, schlug ich die Demonstration einer original Pfälzer Weinprobe vor. Das Publikum war begeistert, denn nun waren die Gläser gut gefüllt, so dass man sorgfältig die Qualität des Weines prüfen konnte und nicht nur auf den ersten flüchtigen Eindruck beschränkt war. Ob allerdings diese Form der Weinprobe nun in Australien Verbreitung findet, wird man erst nach ein paar Jahren beurteilen können. Neuseeland An einem der ersten Februartage flogen wir dann von Melbourne nach Auckland, Neuseeland. Wir bezogen eine ganze Wohnung, die ich über Airbnb besorgt hatte. Wir hatten nicht nur viel Platz, sondern hatten auch eine gut ausgestattete Küche zum Kochen. Denn nun waren wir schon 4 Monate unterwegs und oft mussten wir ein Restaurant-Essen annehmen, das wir zu Hause besser hinbekommen hätten. Und außerdem: In Neuseeland gibt es mehr Schafe als Menschen. Was liegt also näher, als so oft wie möglich frisches Lammfleisch zu grillen? Wir waren auf der Nord-Insel. Unser Eindruck war, dass hier die Kultur der Ureinwohner, der Maoris, wesentlich präsenter ist, als auf der Süd-Insel. Ob die Maori-Shows, die häufig angeboten wurden, die Kultur original wiedergeben, mag man bezweifeln. Aber wir Touristen erhielten einen Eindruck von Sitten und Gebräuchen eines Volkes, das mit seinen Clans und Dorfgemeinschaften vielfältig war und seinen Lebensraum achtete und auf Erhaltung bedacht war. Während unserer Zeit jährte sich der Vertrag von Watangi zum 177. Mal, ein staatlicher Feiertag. 1840 unterzeichneten 45 Chiefs der nördlichen Maori-Clans die Landnahme durch die Engländer. Sie begriffen allerdings nicht, dass sie nunmehr englische Staatsbürger sein sollten mit allen Rechten und Pflichten. Die Umsetzung des Vertrages war dann mit Kriegen und Gemetzel begleitet, so dass die Maori- Kultur von der europäischen in den Hintergrund gedrängt wurde. Heute besinnt sich vor allem die jüngere Generation auf ihre kulturellen Wurzeln und mit den alten Gebräuchen entsteht auch ein neues Selbstbewusstsein. Neuseeland liegt auf einem geologisch schwierigen Territorium. Auf der Nordinsel, wo sich die Pazifische Platte noch heute unter die Australische Platte schiebt, entstanden vulkanisch aktive Gebiete und auf der Südinsel, wo sich die Pazifische Platte südwestwärts an der Australischen Platte entlang schiebt, entstanden durch Auffaltungen die Neuseeländischen Alpen. Unsere Reise auf der Nordinsel führte uns an heiße Quellen, in denen wir baden konnten, Felder mit brodelnden Geysiren mit solch beeindruckenden Namen, wie „Craters of the Moon“ oder nach Rotorua, wo Geysire 20 m hoch spucken und wo das Hühnchen in warmen Erdöfen gegart wird. Unsere vulkanischen Erfahrungen gipfelten schließlich in einer Durchquerung des Tongariro-Massivs. Das besteht aus einer Ansammlung von Vulkankegeln, die sich über einen Zeitraum der letzten 275.000 Jahre gebildet haben. Sie sind bis zu 1900 m hoch. Unser Wanderweg betrug 19 km. Es ging durch erloschene Krater, vorbei an noch aktiven Kratern und leuchtend blauen Kraterseen. Der höchste Kegel ist der Ngauruhoe, der für die Verfilmung „Herr der Ringe“ als Schicksalsberg, Mount Doom, in Szene gesetzt wurde. Die Neuseeländer hatten den ganzen Weg mit Holztreppen ausgestattet, aber am Ende waren wir fix und fertig und konnten auch keine Treppe mehr sehen. Fotos: (und Text): Hartmut Meuter 72

Der „Herr der Ringe“ begleitete uns auch weiterhin. Wir kamen nach „Hobbiton“, wo die Kulissen der Hobbit-Trilogie für das begeisterte Publikum geöffnet sind. Die Sache war perfekt durchorganisiert. Scharen von Japanern und Amerikanern wurden in Bussen an den Set verfrachtet. Dort waren die niedlichen kleinen Hobbit-Häuser in den Hügeln eingearbeitet. Am Teich in der Mitte steht das Gasthaus, wo wir uns das Hobbit-Bräu schmecken liessen, eine Atmosphäre wie im Film. Wir besuchten den Waipoua-Forest bei Dargaville, der für seine riesigen Kauri Fichten berühmt ist. In diesem Wald steht Tane Mahuta, der größte Kauri-Baum des Landes, der bereits etwa 2.000 Jahre alt ist und noch immer wächst. Mit seinen 4,4 Metern Durchmesser und 18 Metern Höhe bis zum ersten Zweig wird Tane Mahuta zurecht „der Herr des Waldes“ genannt. Neuseeland achtet akribisch darauf, dass keine biologischen Schädlinge eingeschleppt werden. Vor jedem Eintritt in den Wald und beim Verlassen müssen die Schuhe desinfiziert werden, ohne diese Prozedur ist der Eintritt nicht möglich. Die Südinsel von Neuseeland unterscheidet sich von der Nordinsel in vielfacher Hinsicht. Die Landschaft erstreckt sich in weiten Hügelketten, auf denen tausende Schafe friedlich grasen. Dazwischen liegen Weinfelder in den berühmten Lagen Marlborough oder Canterbury, um nur einige zu nennen. Die tektonischen Bewegungen haben die Südinsel wie eine Ziehharmonika zusammen gefaltet, so dass die Südalpen die Insel in ihrer Länge mit Höhen bis zu 3724 m (Mount Cook) durchziehen. Dazwischen ziehen sich Fjorde entlang, die mit Schiffen oder Flieger zu erkunden sind. Wir machten beides. Der Flug über die schneebedeckten Gipfel und türkis schimmernde Seen in einer kleinen Cessna war einer der Höhepunkte unserer Reise in Neuseeland, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. Langsam rückte der Zeitpunkt unserer Heimreise näher. Wir sollten in Christchurch starten, dann über Auckland nach Singapur und dann nach Frankfurt. In Singapur wollten wir noch 3 Tage zwischenschieben - wenn wir schon mal da sind… Christchurch wurde im Februar 2011 von einem schweren Erdbeben heimgesucht, das Zerstörungen vieler Gebäude und Verluste von hunderten Menschenleben zur Folge hatte. Wir fuhren mit einer alten Straßenbahn durch die Stadt. Der Fahrer wies immer wieder auf Gebäude hin, die bereits wieder aufgebaut waren und auf andere, die im Aufbau begriffen waren. Meiner Einschätzung nach ist das noch Arbeit für 20 oder 30 Jahre, bis die offensichtlichsten Schäden beseitigt sind. Aber es ist immer wieder mit weiteren Erdbeben zu rechnen. Das letzte war erst 2016, hatte aber glücklicherweise nur wenige Zerstörungen zur Folge. 185 leere Stühle, als Denkmal in der Stadt platziert, sollen an die Opfer des Erdbebens erinnern. Singapur Wir flogen weiter nach Singapur. Wer Spaß am Shoppen hat, ist hier genau richtig. Die vielen Hochhäuser, die Konsumtempel, in denen keine der angesagten Marken fehlte, können es ohne Mühe mit New York, London und Paris aufnehmen. Weniger bekannt ist, dass Singapur einen ausgedehnten und vielfältigen Biologischen Garten hat, ein Oase der Ruhe in der hektischen Stadt. Wir verbrachten fast einen ganzen Tag dort. Singapur ist aber auch für seine Architektur bekannt, die vor allem für Hotels und Museen steht. Wir waren fasziniert von dem Marina Bay Sands Hotel. Die drei 55-stöckigen Hoteltürme tragen auf 191 Meter Höhe einen 340 Meter langen Dachgarten in Form eines langen Schiffes. Ein Restaurant ist für die Öffentlichkeit zugänglich, von dem wir einen herrlichen Überblick über die Stadt hatten. In der Abenddämmerung sahen wir tief unten die Illuminierung der Super-Trees, riesige bewachsene Stahlkonstruktionen in Form von gigantischen Bäumen. Jeder Abend beginnt mit einer Lightshow und einem Konzert. Touristen, indische Großfamilien, Japaner und wir zwei Deutsche waren das begeisterte Publikum. Dabei dienen die Super-Trees einem nüchternen Zweck. Sie bedecken die Abluft-Schächte der nahe gelegenen gekühlten Gewächshäuser, eine weitere Sehenswürdigkeit Singapurs. Die Tage gingen schnell vorbei. Wir nutzten die Gelegenheit, in den vielen japanischen Restaurants zu essen, denn wir hatten uns in die japanische Küche verliebt. Unterirdisch waren die Food-Courts angesiedelt, in denen auch die Einheimischen ihr Frühstück oder eine schnelle Mahlzeit zu sich nehmen. Wir taten es ihnen gleich. Zurück nach Deutschland Dann startete unser Flieger nach Frankfurt, wo wir nach einem 12- stündigen Flug und nach einem halben Jahr Auszeit von einer kleinen Schar Verwandter und Freunde erwartet wurden. Das halbe Jahr hat uns so viele Eindrücke gebracht, dass wir wohl noch lange daran zehren werden. Eine Erfahrung ist uns aber besonders wichtig: Überall auf unserer Reise haben wir Menschen kennengelernt, die uns ohne Vorbehalt und freundlich entgegen kamen. Oft sahen wir Ähnliches wie zu Hause. Die japanischen Eltern, die sich stolz mit Ihrem Kind fotografieren ließen; die indische Großfamilie, in der sich die Großeltern liebevoll um die Enkel kümmern; das australische Paar, das uns in der Oper die besten Plätze anbot, da wir ja von so weit her kamen. Für diese Erfahrungen sind wir sehr dankbar. Ende In den ersten drei Teilen erschienen Skandinavien, Russland, Japan, Vietnam und Australien. Die komplette Story der Weltreise, mit allen Bildern, finden Sie hier: www.fernwehreise.de 73