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ANOGAST Bericht Nr.53

ANOGAST Bericht Nr.53 „Bistro Margarete“ Scheffelstraße 55 | 76135 Karlsruhe Telefon: 0721 - 402 44 773 besucht am 19. Juli 2023 (Abend) „S ein“ oder „Nicht-Sein“ (=Margarete)? – das ist in der Karlsruher Scheffelstraße seit Juli 2022 eine rein kulinarische Frage. Denn direkt neben der zweifach besternten Spitzenküche des Restaurants „Sein“ von Sternekoch Thorsten Bender hat dieser eine Bistro-Version seines Gourmetrestaurants eröffnet. Bistroküche mit Ambition, bezahlbaren Weinen und einem richtig guten Service? Na klar lässt das auch die anonymen Restauranttester vom Pfalz-Magazin hellhörig werden. Kaum saßen wir draußen neben dem plätschernden Brünnlein empfing uns verklinkerte Karlsruher Hinterhofromantik der entschleunigenden Art. War es das sanfte Knirschen des Kiesbetts zu unseren Füßen oder die leise Lounge-Mucke aus den Lautsprechern? Keine Ahnung, aber hier ging es einfach sehr entspannt zu und das übertrug sich schnell auf uns. Ein besonderes Lob gilt an dieser Stelle an Herrn Fischer vom Service. Seine kompetent-humorvolle Art kam bei uns sehr gut an, weshalb wir uns von Anfang an bestens umsorgt und sehr gut beraten fühlten. Beratung war auch notwendig, denn einer am Tisch entpuppte sich als ausgesprochen weinaffin, was bald eine Flasche aus Margarete’s Keller bzw. Weinkühlschrank zur Folge haben sollte. Wir starteten mit einem aus Holunder, Zitrone und Winzersekt gemixten „Margarete Spritz“ (8,90 Euro) und einem frisch gezapften Waldhaus naturtrüb (0,3l für 4,20 Euro) in den lauen Sommerabend. Später entschieden wir uns für eine Flasche 2020er Chardonnay vom Pfälzer VDP-Weingut Georg Mosbacher aus Forst, der gut gekühlt und zu äußerst fair kalkulierten 33 Euro angeboten wurde. Aus dem À-la-Carte-Angebot orderten wir das Rindertatar mit Pfifferlingsalat und Wildkräutern (18 Euro, siehe Bild unten links) sowie das Cordon Bleu vom Landschwein, welches hier mit Allgäuer Bergkäse und Wacholderschinken gefüllt auf den Teller kommt. Ausgestattet mit einer Portion Pommes und kaltgerührten Preiselbeeren, belief sich dieses edle Panierstück auf gastfreundliche 21,50 Euro (unten rechts). Auch reizte uns der gebeizte Saibling (17 Euro) aus dem gut sortierten Vorspeisenprogramm. Das kurz zuvor abgeflämmte Filet vom Lachsfisch fügte sich glänzend in die von köstlicher Senf-Dill- Crème begleitete, aus einem Kopfsalatherz, gepickelten Zwiebeln und Radieschen bestehende Entourage ein. Das sah nicht nur klasse aus, es hinterließ auch mächtig Eindruck am Gaumen (siehe Bild unten rechts. 50 36

Das viergängige Menü „Margarete“ (59 Euro) lieferte uns einen guten Querschnitt durch das wohlklingende Speisenangebot des Hauses. Auch hier startete man mit einem akkurat aufs Porzellan gebrachten, handgeschnittenen Rindertatar. Das süffig unterfütterte Schabefleisch vom Rind wusste mit locker-mürber Konsistenz zu gefallen. Besonders seine fast schon unverschämt köstliche Senfnote, brannte sich tief in unser Gaumengedächtnis ein (Bild oben rechts). Es folgte ein tadellos abgeschmecktes, geschmacksintensives Pfifferlingschaumsüppchen als Zwischengang. In jener gelungenen Umami- Brühe wurde nicht mit frischer Pilzeinlage gespart. Weit weg von einer totgesahnten Terrine, war das eine durch und durch überzeugende Sommersuppe, die ihrer Saison vollends gerecht wurde. Nach angenehmer Wartezeit servierte man uns die nicht gerade schüchtern portionierten Hauptgänge. Von der Dachpanade des Cordon Bleus grüßte keck ein Häuflein frittierter Petersilie. Auch die Pommes machten einen wohlfrittierten Eindruck. Neben den im Schälchen servierten Preiselbeeren hatte man zusätzlich einen mit Dill verfeinerten Gurkensalat auf die Platte gebracht. Der obligatorische Zitronenschnitz durfte da natürlich nicht fehlen. Das fast schon obszön zarte, in zwei Teile geschnittene Bäckchen vom Kalb duftete herrlich nach feinster Schmorküche. Sie thronten auf einem gut gebutterten Hügel aus seidig-zartem Kartoffelpüree. Ein paar jungen Karotten sorgten für reichlich Knack und die separat im Keramikbecher servierte, tiefgründige Madeirajus schickte unsere Geschmacksknospen auf große Aromareise (Bild oben links). Vom Sättigungsgrad her wäre ein Nachtisch verzichtbar gewesen. Aber die Oma des Küchenchefs, die mit ihrem Namen für den bald darauf kredenzten Käsekuchen Patin stand, wäre sicherlich enttäuscht gewesen, wenn wir ihren saftigen Wonnequader vom Blech abgelehnt hätten. Zumal wir auch dem zartschmelzenden Eierliköreis nicht widerstehen konnten. Wie eine gepflegte Toilette auszusehen hat, konnten wir beim Besuch der Nassräume feststellen. Der Weg dorthin führte uns durch den hinteren Teil des schlauchartigen Gastraums, der von stimmiger Beleuchtung und wertigem Mobiliar geprägt war. Mit den dunkelgrau gestrichenen Wänden, den schwarzlackierten Tischen und den bequemen Polsterstühlen hatte man bei der Gestaltung des Interieurs zweifellos ein urban-schickes Ausrufezeichen setzen wollen, was auf uns jedoch ein wenig kühl wirkte. Fazit Die kleine, aber feine Auswahl an bewährten, mit Sorgfalt und Qualitätsanspruch zu Porzellan gebrachten Hausmannskostbarkeiten wird auf zeitgemäß-gehobenem Bistroniveau serviert. Und das in einem bewusst reduzierten Rahmen, da sich auf den apart angerichteten Tellern selten mehr als drei tonangebende Komponenten befinden. Schade nur, dass dieses nahezu alle Geschmäcker bedienende Speiseprogramm nicht häufiger wechselt. Das mit Sicherheit noch größer werdende Stammpublikum würde sich über etwas mehr saisonale Abwechslung bestimmt freuen. Aber dies ist nur ein marginaler Kritikpunkt an einem ansonsten sehr erfrischenden Bistronomie-Konzept, das die Karlsruher Weststadt kulinarisch weiter aufwertet. Skala 6 5 4 3 2 1 nicht zu empfehlen — empfehlenswert — sehr zu empfehlen Die ultimativen Tipps auf www.online-tipps.info f 3759

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