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Frühling 2018 APR-MAI

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Unsere Frühlingsausgabe April-Mai 2018. Das pfalz-magazin. Wein, Kultur, Genuss und Reisen.

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Reise Foto oben: Das Geschichtszentrum Dybbøl Banke erzählt auf lebendige Art die Geschichte von den Kämpfen zwischen dänischen und deutschen Soldaten und vom Leben hinter der Front im Krieg 1864. Foto rechts: Frisch gefangener Fisch gehört natürlich auch zur südjütländischen Küche. Es muss nicht immer Kaviar sein ein kulinarisch-historischer Streifzug durch Südjütland Gammeldags hvidkal – schmeckt wesentlich leckerer als es für deutsche Ohren klingt! Der „Weißkohl auf alte Art“ gehört zu den südjütländischen Tapas – und ja, die heißen wirklich so, sind sogar ein fester Bestandteil der südjütländischen Küche. Sie wird von drei Einflüssen entscheidend geprägt: dem deutschen (Südjütland war bis 1920 Teil des Deutschen Reiches), der regionalen Vielfalt und den zahlreichen kulinarischen Inspirationen, vor allem den Gewürzen, die von den Seefahrern mit nach 2Hause gebracht wurden. Neben dem bereits genannten Kohl liegen auf einem Tapasteller u.a. Soleier, mit Haferflocken panierte geräucherte Forellen, eingelegtes Gemüse, Lauchravioli, und für die Schleckermäuler gibt's zum Abschluss Schälchen mit Rum-Creme. So beginnt in Tonder, Dänemarks ältester Hafenstadt, die man von Hamburg aus in einer etwa dreistündigen Autofahrt erreicht, der Ein Erlebnisbericht von Christa Lantz kulinarische Streifzug durch das Nachbarland mit einer „Frokost“ (Mittagessen) vom Tapasteller. Wer das Reiseprogramm aufmerksam gelesen hat, lässt schlauerweise ein bisschen Platz, denn am Nachmittag erwartet uns die berühmte „Rollende südjütländische Kaffeetafel“ in Schlackenborg. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass diese Kuchenorgie aus einer patriotischen Bewegung gegen die deutsche Herrschaft über die damals Nordschleswig genannte Region hervorging. Man traf sich in Versammlungshäusern, die nach dem Willen der Machthaber weder über einen Alkoholausschank noch eine Küche verfügen durften, schmetterte vaterländische Gesänge – und futterte. Da die Küche fehlte, setzten die Hausfrauen alles daran, mit einer Riesenauswahl an Kuchen und Torten zu glänzen, 7 „weiche“ und 7 „harte“. Fotos: Christa Lantz, VisitDenmark 68

Erst wurden die „Stopfkuchen“ als Sattmacher gereicht (beispielsweise Hefestücke mit dicker Butterschicht), dann die „mageren“, in schmale Stücke geschnittenen Blech- und Topfkuchen. Und selbstverständlich war es Ehrensache, dass jeder Teilnehmer von jedem Kuchen ein Stück nahm. Über das damalige „Kampfgewicht“ der aufmüpfigen Dänen gibt es leider keine Unterlagen… Glücklicherweise kann man ein paar Kalorien bei einem Rundgang durch den Schlosspark von Schackenborg und dem dazugehörigen Ort Mogeltonder ablaufen, einer der in seinem Gesamtbild am besten bewahrten Orte Dänemarks. Doch zurück zu seinen in der Nordschleswig-Zeit rebellischen Bewohnern. Vorausgegangen war der Kampf zwischen Preußen und Dänen um Südjütland, der 1864 mit der Schlacht an den Düppeler Schanzen und einem Sieg der Preußen endete. „Damals habt Ihr gewonnen, heute seid Ihr in der Wirtschaft und im Fußball spitze, aber als Touristen haben wir Euch trotzdem lieb“, versichert unser martialisch gewandeter Führer unter dem Gelächter seiner Landsleute bei einem ebenso unterhaltsamen wie spannenden Rundgang durch das Freilichtmuseum in Sonderborg. Und auch der junge Spezialist der dänischen Armee, der mir detailliert erklärt wie die alten Kanonen auf den Schanzen funktionieren – sie werden tatsächlich abgefeuert – freut sich über das Interesse der deutschen Gäste. Überhaupt: an dem entspannten Umgang mit der Geschichte, einer immerhin verlorenen (!) Schlacht der Dänen, könnten wir uns ein Beispiel nehmen. Nachdem man sich rein theoretisch auch mit der kargen Soldatenkost der damaligen Zeit vertraut gemacht hat, lauert schon der nächste kulinarische Genuss auf die Gruppe, die das Kalorienzählen bereits am ersten Reisetag resigniert aufgegeben hat. In Holms Räucherei auf der Insel Romo gibt es Fischteller, die muss man gesehen und gekostet haben, am besten nach einer aufregenden Runde Strandsegeln. Romo verfügt über die breitesten Sandstrände Europas. Apropos Insel: Da lohnt sich ebenso ein Abstecher nach Aaro mit sage und schreibe lediglich 160 Einwohnern. Neben viel Natur pur hat die kleine Insel auch etwas Besonderes zu bieten, ein Weingut (man glaubt es kaum!), dass im milden Ostseeklima so einige gute Tropfen hervorbringt. Dänemark ist übrigens seit 2000 offiziell von der EU anerkanntes Weinanbauland mit vier Anbaugebieten, nämlich Jütland (unsere Reiseregion), Fünen, Seeland und Bornholm. Die kulinarische und historische Exkursion, die u.a. noch nach Haderslev, die alte Kaufmannsstadt Abenraa und nach Krusmolle mit seiner großen, traditionsreichen Kunstwerkstatt führt, geht viel zu schnell zu Ende. Ich habe mal wieder einiges dazugelernt: nicht nur, dass einst verfeindete Nationen friedlich und zu beiderseitigem Nutzen zusammenleben können, wie etwa in Südjütland, sondern dass es abseits von Ferienhausurlaub oder Kopenhagener Großstadtleben in Dänemark viel mehr zu entdecken gibt. Ich komme auf jeden Fall wieder zu unseren sympathischen Nachbarn – und Sie? Unter visitDenmark findet man im Internet jede Menge Informationen über Land und Leute sowie Hilfe für die Urlaubsplanung. CL