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Frühling 2018 APR-MAI

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Unsere Frühlingsausgabe April-Mai 2018. Das pfalz-magazin. Wein, Kultur, Genuss und Reisen.

Kulinarisches Dinkel

Kulinarisches Dinkel (Triticum spelta) Fotos: Fotolia — ist er wirklich so gesund? Dinkel wurde in letzter Zeit sozusagen wiederentdeckt, nachdem man ihn lange Zeit vergessen hatte. Ein besonderer Vorteil hat der Dinkel sogar bei Nahrungsmittelallergien, denn er gilt als äußerst verträglich und hat eine ausgleichende Wirkung auf die Verdauung. Welche Vorzüge hat Dinkel aber nun gegenüber dem Weizen tatsächlich? Ist er wirklich so gesund? Der Dinkel ist eine Weizenart und botanisch nahe verwandt mit dem Weichweizen. Bereits vor etwa 8.000 Jahren soll Dinkel von den Ägyptern angebaut worden sein. Später verbreitete er sich mittels Völkerwanderung bis nach Mittel- und Nordeuropa. Die ersten Anbaugebiete Deutschlands – ab etwa 500 nach Christus – waren Baden-Württemberg und Franken. Ortsbezeichnungen wie „Dinkelsbühl“ zeugen noch heute von der damaligen Popularität dieser Getreideart. Bis ins 18. Jahrhundert stellte der Dinkel in diesen Regionen eines der wichtigsten Handelsgetreide dar. Im Zuge der landwirtschaftlichen Industrialisierung geriet der Dinkel samt Grünkern zunehmend in Vergessenheit. Mit Weizen lassen sich nämlich bis zu 40 Prozent höhere Erträge und deutlich höhere Profite erzielen als mit Dinkel, da man dem Dinkel in einem Extra - Arbeitsschritt den Spelz entfernen muss. Dinkel ist besonders gut für die Bio-Landwirtschaft geeignet. Obwohl weniger ertragreich und hinsichtlich Ernte und Verarbeitung arbeitsintensiver als Weizen, schätzen Bio-Landwirte die durchaus auch vorhandenen Vorzüge dieser Getreideart. Dinkel ist sehr robust und wetterbeständig und lässt sich auch auf kargen, steinigen Böden bis in ca. 1.000 Meter Höhe anbauen. Radioaktive Messungen nach der Tschernobyl- Katastrophe haben beim Dinkel übrigens nur eine minimale Belastung im Vergleich zum Weizenkorn ergeben. Zurückzuführen ist dieses Phänomen auf die Spelzhülle, die das Dinkelkorn vor schädlichen Umwelteinflüssen schützt. Natürlich kommt der Dinkel als Bestandteil einer gesunden Ernährung bevorzugt in seinen Vollkornvarianten in Frage und weniger in Form von Weißmehlprodukten. Die Bezeichnung „Weißmehl“ umfasst nämlich auch das Dinkelmehl – und zwar dann, wenn ihm Keim und Randschichten genommen wurden. Das hellste Dinkelmehl trägt die Bezeichnung Type 630. Die Typenzahl gibt Auskunft über die Restmenge der im Mehl noch enthaltenen Mineralstoffe. Ein Weißmehl mit der Typenzahl 405 enthält also pro 100 Gramm noch 405 Milligramm Mineralstoffe. Man kann somit sagen, dass im Dinkel- Weißmehl noch ein wenig mehr Mineralstoffe enthalten sind als im Weizen-Weißmehl. Dinkel liefert insgesamt deutlich mehr Mineralstoffe und Spurenelemente als Weizen. Während im Dinkel beispielsweise 4,2 mg Eisen pro 100 Gramm stecken, sind es im Weizen nur 3,3 mg. Auch vom Magnesium schlummern im Dinkel 130 mg gegenüber 97 mg im Weizen. Bei den Spurenelementen sieht es ähnlich aus. Zink, Mangan, Kupfer – sie alle sind im Dinkel deutlich stärker vertreten als im Weizen. 16 56

Auch ein hoher Gehalt an Kieselsäure ist dem Dinkel zu eigen. Kieselsäure, auch Silizium genannt und in der Homöopathie als „Silicea“ bekannt, gibt den Körpergeweben Festigkeit und Elastizität und ist insbesondere für seinen guten Einfluss auf Haut, Haare und Nägel bekannt. Darüber hinaus fördert Silizium aber auch die Konzentration, so dass es nicht verwunderlich ist, wenn Dinkel früher als das „Getreide der Dichter und Denker“ galt. Ähnlich wie bei den Mineralien und Spurenelementen verhält es sich auch bei den Vitaminen. Auch hier liefert der Dinkel höhere Gehalte als der Weizen: Mehr Vitamin B1, mehr Vitamin B2, mehr Vitamin B3 und ebenso mehr Vitamin B6. Da die B-Vitamine nicht nur das Nervensystem schützen, sondern auch den Stoffwechsel ankurbeln, ist Vollkorn-Dinkel nicht zu unterschätzen. Schließlich soll der Dinkel auch über mehr Vitamin E verfügen als der beste Weizen (Dinkel 2,4 mg, Weizen 1,5 mg je 100 g, Quelle: Bognar, A., BFA- Ernährung) und ist somit auch besser mit Antioxidantien versorgt. Natürlich sind im Dinkel nicht nur Mikronährstoffe wie Mineralien und Vitamine enthalten, sondern auch Nährstoffe – Aminosäuren und Fettsäuren – von besonders hoher Qualität. Quellen: Praktische Tipps zur Selbsthilfe vom Heilpraktiker - von Willi Vogt Kursbuch gesunde Ernährung – Die Küche als Apotheke der Natur – von Ingeborg Münzing Ruef Dinkel, Emmer & Einkorn – Renaissance der „Urgroßväter“ – ausgearbeitet von Anke Kähler & Annemarie Volling, Bioland „Einsatz von mikrobiellen und pflanzlichen Phytasen zur Reduzierung des Phytinsäuregehaltes in Lebensmitteln“, R. Greiner, U. Konietzny, Kl.-D. Jany Vergleich von reinen Dinkeln und Dinkel/Weizen-Kreuzungen Escarnot E et al., Comparative study of the content and profiles of macronutrients in spelt and wheat, a review, Base, 08. Dezember 2011, (Vergleichsstudie des Inhalts und Profils von Makronährstoffen in Dinkel und Weizen, ein Review.), (Studie als PDF) Zentrum der Gesundheit.de Fotos: Fotolia Dinkel verfügt wie Weizen über hochwertiges Eiweiß in Form aller 8 essentiellen Aminosäuren; allerdings ist der Gesamteiweißgehalt im Dinkel mit 11% höher als jener im Weizen. Mit Ausnahme der Aminosäure Lysin sind alle anderen essentiellen Aminosäuren im Dinkel durchweg in größeren Mengen vertreten als im Weizen. Dinkel sorgt sogar für gute Laune Auch für die Aminosäure Tryptophan, die für die Bildung von Serotonin (unser „Wohlfühlhormon“) zuständig ist, gilt der Dinkel als sehr gute Quelle. Sein Tryptophangehalt liegt in etwa auf gleicher Höhe mit jenem von Hafer, Ei, Lachs und Walnüssen – die zu den Top- Tryptophan-Lieferanten zählen. Möglicherweise liegt auch hier der Grund für die stimmungsaufhellende Wirkung des Dinkels verborgen. Die folgende gute Nachricht dürfte ebenfalls für gute Stimmung sorgen: Offenbar lässt sich der Dinkel nicht so leicht auf den Hüften nieder wie manch anderes kohlenhydratreiche Lebensmittel. Urbrot aus Dinkel, Emmer und Einkorn Natürlich enthält der Dinkel – wie viele andere Getreidearten auch –- das Getreideeiweiß Gluten. Dinkel enthält sogar mehr Gluten als Weizen, wodurch er auch gute Backeigenschaften hat – gerade wegen des höheren Glutengehalts. Denn als sogenanntes Kleber- Eiweiß hält das Gluten den Teig beim Brotbacken zusammen. Andererseits verträgt bekanntlich nicht jeder Gluten. Menschen mit Zöliakie sind jedoch recht selten (Nur etwa 0,2% der Bevölkerung in Deutschland!; Quelle: Dr. Schär Institute). Interessant ist hier nun, dass gerade diese Glutensensitivität oft nicht auf das Dinkelgluten zuzutreffen scheint. Denn Gluten ist nicht gleich Gluten. Dinkel – Schmackhaft und vielfältig einsetzbar Prinzipiell lässt sich Dinkel überall anstelle von Weizen verwenden. (Wir von der Redaktion verwenden übrigens seit vielen Jahren keinerlei Weizenmehl mehr, nur noch Dinkel!) Bei Backwaren sollte man jedoch berücksichtigen, dass Dinkelbrote oder –brötchen deutlich schneller trocken werden. Am besten immer nur kleine Mengen backen. Fest steht, dass Dinkel überaus schmackhaft und gesund ist! 57